Vor Ort bei den Finalisten – Tipps von den Expertinnen und Experten

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Die Finalisten des Deutschen Kita-Preises bekommen Besuch. Zwischen Januar und April schauen sich Experten-Teams die Arbeit der Kitas und Bündnisse vor Ort an. Wie die Vor-Ort-Besuche ablaufen und welche Tipps die Expertinnen und Experten für die Finalisten haben, verraten Stefan Clotz, aus dem Bündnis-Team, und Katrin Macha, aus dem Kita-Team, in diesem Interview.

Stefan Clotz ist Coach und arbeitet bundesweit mit Teams im Bereich Kita und Schule zusammen und moderiert Workshops. Er bietet auch Einzelcoachings an und moderiert große Netzwerkveranstaltungen. Beim Deutschen Kita-Preis reist er zusammen mit einer Kollegin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung zu den Bündnissen und begleitet und moderiert die Vor-Ort-Besuche.

Katrin Macha ist stellvertretende Direktorin im Institut für Situationsansatz (ISTA) in der Internationalen Akademie Berlin gGmbH (INA). Der Schwerpunkt ihrer Arbeit im Institut sind Projekte, die Qualitätsentwicklung bei Trägern oder Kitas anstoßen und begleiten. Bei den Vor-Ort-Besuchen gehen ihre Kolleginnen und Kollegen zusammen mit Mitarbeitenden der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung in die Kitas vor Ort. Ihre Aufgabe ist, sie dabei fachlich zu begleiten und gemeinsam mit ihnen die Ergebnisse der Vor-Ort-Besuche für die Jury vorzubereiten.

 

Lieber Herr Clotz, liebe Frau Macha, Sie bzw. ihre Kolleginnen und Kollegen sind demnächst für den Deutschen Kita-Preis bundesweit unterwegs - wie läuft so ein Vor-Ort-Besuch ab?

Stefan Clotz: Der Vor-Ort-Besuch der Bündnisse dauert jeweils einen Tag. Wir haben einen festen Ablaufplan, der für alle Bündnisse gleich ist. Wir starten am Vormittag mit einer kurzen Begrüßung und gehen dann direkt in die Interviewphase, in der wir drei Interviews mit verschiedenen Mitgliedern des Bündnisses führen. Nach einer kurzen Mittagspause und einem Pressetermin gehen wir dann in einen dreistündigen Workshop. Hier haben wir relativ viele Arbeitsphasen, in denen sich die Bündnis-Mitglieder in kleinere Gruppen aufteilen und bestimmte Aufgaben und Fragestellungen bearbeiten sowie die Ergebnisse präsentieren. Der Workshop ist für uns die einmalige Chance, das Bündnis ganz authentisch zu erleben.

Katrin Macha: Wir sind zweieinhalb Tage in den Einrichtungen und gehen mit allen Beteiligten ins Gespräch. Wir reden mit den Eltern, Fachkräften, Trägervertreterinnen und -vertretern, Leitungspersonen und mit den Kindern. Wir führen mehrere ca. eineinhalbstündige Gesprächsrunden. Zwischendurch bewegen wir uns eigenständig durch die Kita und beobachten die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte. Wir achten darauf, wie die Kita die Qualitätskriterien in den Dimensionen des Deutschen Kita-Preises in der Praxis umsetzt. Und dann nehmen wir uns auch Zeit Dokumente anzuschauen, die die Arbeit der Kita deutlich machen und die noch nicht in der vorherigen Bewerbungsphase eingereicht wurden.

 

Die Expertinnen und Experten erhalten beim Vor-Ort-Besuche einen guten Einblick in die qualitätsvolle Arbeit der Kitas und Bündnisse – haben auch die Finalisten etwas davon?

Stefan Clotz: Sowohl die Interviewphase als auch der Workshop bieten den Bündnissen die Chance, nochmal intensiv zusammen und an sich zu arbeiten. Im Workshop beschäftigt sich das Bündnis auch mit seiner Zukunft und arbeitet an ganz konkreten Themen. Als Geschenk lassen wir ihnen einen Handlungsplan da, sodass das Bündnis direkt weiterarbeiten kann. Nach der Preisverleihung 2018 haben wir allen besuchten Bündnissen ein telefonisches Feedback gegeben und wir erhielten die Rückmeldung, dass ihnen der Vor-Ort-Besuch sehr viel gebracht hat. Sie erlebten den Tag als unglaubliche Wertschätzung und haben noch lange von den Ergebnissen gezehrt. Ich hatte teilweise das Gefühl, dass für viele der Besuch schon ein Preis war. Viele haben unsere Hinweise aus dem Feedback inzwischen umgesetzt, also sie haben konkret Sachen angepackt nach diesem Tag. Damit hat dieser Besuch den Bündnissen einen Impuls gegeben, anders in die Zukunft zu schauen.

Katrin Macha: Von den Rückmeldungen der teilnehmenden Kitas des Deutschen Kita-Preises 2018 wissen wir, dass sie unseren Besuch sehr wertvoll fanden, weil sie Feedback zu ihrer Arbeit bekommen haben. Uns ist wichtig, dass wir nicht nur für die Jury des Deutschen Kita-Preises aufbereiten, was wir an guter Qualität wahrgenommen haben, sondern wir wollen auch den Kitateams zurückspiegeln was gut war und wo wir im Sinne des Deutschen Kita-Preises Entwicklungsmöglichkeiten sehen. Wir geben ihnen Impulse für ihre eigene Qualitätsentwicklung.  

 

Gibt es etwas, dass Sie bei den Vor-Ort-Besuchen überrascht hat?

Stefan Clotz: Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ich so tief beeindruckt bin von der Arbeit vor Ort. Das sind so viele Menschen, die über das normale Maß hinaus arbeiten und die Welt für die Kinder verbessern. Das hat mich tief bewegt.

Katrin Macha: Total gefreut hat uns, dass wir im gesamten Bewerbungsprozess Einrichtungen mit einer so hohen Qualität kennenlernen durften. Die Finalisten-Kitas sind Einrichtungen, von denen man ganz viel lernen kann. Gefreut hat uns auch die gelebte Partizipation der Kinder in den Kitas. Das fängt damit an, dass die Erzieherinnen und Erzieher respektieren, wenn Kinder eigene Entscheidungen treffen zum Beispiel, ob sie schlafen möchten oder sich bei Kälte die Mütze nicht aufsetzen wollen. Aber auch, dass die Kinder entscheiden, wohin sie Ausflüge unternehmen und dass die Kinder diese auch organisieren. Sie vertrauen den Kindern und geben ihre erwachsene Macht ab. So erleben Kinder, dass sie über Dinge, die für sie von Bedeutung sind selbst bestimmen können. Zu sehen wie das umgesetzt wird ist einfach toll! 

 

In wenigen Tagen beginnen die Vor-Ort-Besuche - haben Sie einen Tipp, worauf sich die Kitas und Bündnisse vorbereiten können?

Stefan Clotz: Das Wichtigste ist, dass wir die Bündnisse authentisch erleben und dass sie sich nicht verstellen oder verrückt machen. Uns interessiert, wie die Bündnisse leben und arbeiten. Wie wird kommuniziert? Wie werden Entscheidungen getroffen? Wie werden Probleme gelöst und wie geht das Bündnis kritisch mit der Zukunft und den eigenen Grenzen um? Für die Interviewphase ist eine gute Mischung an Interviewpartnern sinnvoll. Interviewpartner sollten nicht unbedingt die Koordinatoren des Bündnisses sein, denn die sind oft bereits im Telefoninterview in der Nominiertenphase zu Wort gekommen und haben meistens auch die Bewerbung geschrieben. Ich unterhalte mich gerne mit Eltern, weil man von ihnen am besten erfährt, was von der Arbeit des Bündnisses tatsächlich bei den Kindern ankommt. Und wir hören auch gerne von den Schwierigkeiten im Bündnis. Das ist absolut kein Nachteil. Wir haben in den Vor-Ort-Besuchen im letzten Jahr unglaublich viel an solchen Problemen arbeiten können. Jedes Bündnis darf sich auch noch in einem Prozess befinden. Wir wollen nicht das schönste Gebäude oder Leitbild sehen, sondern wir schauen darauf, wie die einzelnen Qualitätsdimensionen des Deutschen Kita-Preises umgesetzt werden. Wir berücksichtigen auch den Kontext. Es gibt große Unterschiede zwischen Herausforderungen für Bündnissen auf dem Land und in der Stadt. Wir vergleichen die Bündnisse daher nicht miteinander, sondern beurteilen jedes Bündnis und seine Arbeit in seinem eigenen Kontext.

Katrin Macha: Inhaltlich braucht es keine Vorbereitung. Wir wollen genau den Alltag sehen, den die Kolleginnen und Kollegen mit den Kindern und Familien leben. Sie können die Kinder auf unseren Besuch vorbereiten, denn wir schicken im Vorfeld Steckbriefe von uns an die Kita-Teams. Die Erzieherinnen und Erzieher können mit den Kindern über uns reden, indem sie ihnen unsere Fotos zeigen. Ich empfehle, die Kinder im gesamten Prozess des Deutschen Kita-Preises einzubeziehen, denn das ist schon eine besondere Situation – der Besuch der Expertinnen und Experten sowie der Presse und der Dreh des Kurzfilms.

 

Und was würden Sie den Finalisten so kurz vor den Vor-Ort-Besuchen noch mit auf den Weg geben?

Stefan Clotz: Macht euch nicht verrückt! Da kommen ganz nette Leute, die euch in echt erleben wollen. Wir sind nicht die Jury. Wir sind eine Besuchsgruppe, die einen möglichst guten Einblick bekommen und die Prozesse sehen möchte. Das ist keine Prüfung, es gibt kein richtig oder falsch. Genießt den Vor-Ort-Besuch. Es ist schließlich schon eine Art Auszeichnung unter den letzten zehn zu sein.

Katrin Macha: Ich empfehle ihnen einmal tief Luft zu holen und sich auf die zweieinhalb Tage einzulassen. Ich hoffe, dass sie den Vor-Ort-Besuch als einen Schritt im Prozess ihrer Qualitätsentwicklung wahrnehmen. Wir sehen Qualität nicht als abgeschlossen an, sondern es ist ein stetiger Kreislauf von Reflektion der eigenen Arbeit und die Vor-Ort-Besuche sollen ein Teil davon sein. Wir bedanken uns jetzt schon bei den Kitas, die uns ihre Türen öffnen und uns reingucken lassen, wie sie ihre Arbeit gestalten.