Individuell, flexibel, professionell: Die Kindertagespflege wird 50

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Vor 50 Jahren startete das Modellprojekt „Tagesmütter“ in Deutschland. Mittlerweile sorgen täglich über 41.000 Tageseltern dafür, dass Kinder in kleinen Gruppen und familiären Umfeldern bestmöglich betreut werden. Als verlässliche Bezugspersonen sind sie für die Jüngsten da – und gleichzeitig starke Stützen für die ganze Familie. Wir gratulieren allen Tageseltern und Beteiligten herzlich zum runden Geburtstag und möchten uns für Ihre wichtige und wertvolle Arbeit bedanken!

Der Bundesverband für Kindertagespflege ist der Fachverband für die Kindertagespflege in Deutschland. Zum Jubiläum blicken die Bundesvorsitzende Inge Losch-Engler und der Geschäftsführer Heiko Krause auf die Anfänge der Kindertagespflege hierzulande zurück, lassen die Entwicklungen der letzten 50 Jahre Revue passieren und geben uns einen Ausblick für die Zukunft.

Bundesvorsitzende Inge Losch-Engler und Geschäftsführer Heiko Krause auf der Preisverleihung des Deutschen Kita-Preises 2023
Bundesvorsitzende Inge Losch-Engler und Geschäftsführer Heiko Krause auf der Preisverleihung des Deutschen Kita-Preises 2023 I ©BVKTP

Wie ist die Kindertagespflege 1974 in Deutschland entstanden?

Inge Losch-Engler: Der Anstoß kam bereits 1973, und zwar von der Zeitschrift Brigitte. Die hatte einen Beitrag über schwedische „Dag Moms“, die dortigen Tagesmütter, gebracht und gefordert, diesen neuen Beruf auch in Deutschland einzuführen. Der Artikel hat eine breite gesellschaftliche Debatte angestoßen, wie Frauen Beruf und Familie besser vereinbaren können. Die damalige Bundesregierung hat das 1974 mit einem Modellprojekt aufgegriffen. Beteiligt waren rund ein Dutzend Standorte, die vom Deutschen Jugendinstitut wissenschaftlich begleitet wurden.

Heiko Krause: Genau, mitgemacht haben 220 Tagesmütter, 420 Pflegekinder und 22 Fachberatungen. Außerdem gab es 13 Springerinnen zur Vertretung bei Krankheit – schon damals wurde das berücksichtigt. Das Modellprojekt endete 1979 und der Erfolg war beeindruckend. Das Modellprojekt setzte den Startschuss, die Kindertagespflege in Westdeutschland flächendeckend zu etablieren.

Was hat sich in den vergangenen 50 Jahren verändert? Und was waren Ihre persönlichen Höhepunkte?

Heiko Krause: Die Betreuungsform der Kindertagespflege hat sich etabliert, der gesetzliche Rahmen in Bund und Ländern wurde geschaffen. Und die Kindertagespflege hat sich professionalisiert – vor allem in der Qualifizierung.

Inge Losch-Engler: Das ist mein persönliches Highlight, das wir so weit gekommen sind. Heute besteht fast flächendeckend eine Grundqualifizierung von 300 Stunden plus Praktikum und regelmäßigen Fortbildungen. Ich durfte auch an der Werkstattausgabe des Curriculums 1996 mitarbeiten. Das war super spannend und hat später die Basis des DJI-Curriculums gebildet.

Zeit zum Feiern: Was passiert im Jubiläumsjahr?

Heiko Krause: Das Jubiläum soll der Öffentlichkeit zeigen, was sich alles in der Kindertagespflege entwickelt hat. Dazu gibt es verschiedene Informations- und Werbematerialien wie Aufkleber, Kalender oder Tassen. Mit einem würdigen Festakt am 12. April erinnern wir zudem an die Anfänge vor 50 Jahren.

Inge Losch-Engler: Und es gibt die Aktion „50 Jahre – 50 Köpfe“. Jede Woche posten wir auf Facebook und Instagram einen kurzen Clip, in dem verschiedene Akteur*innen ihre persönliche Beziehung zur Kindertagespflege darstellen. Kindertagespflegepersonen kommen zu Wort, das ist uns sehr wichtig, aber auch Politiker*innen, Wissenschaftler*innen und Fachberatungen.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 50 Jahre Kindertagespflege?

Inge Losch-Engler: Als Rheinländerin bin ich geborene Optimistin. Ich wünsche mir und bin auch sicher, dass die Kindertagespflege als familienähnliche und qualitativ hochwertige Betreuungsform ihren Platz im deutschen System der Kinderbetreuung behält und zu einem anerkannten Beruf wird. Das bedeutet auch, ein existenzsicherndes Einkommen zu generieren.

Heiko Krause: Als Norddeutscher sehe ich das ganz nüchtern und sachlich: Kindertagespflege ist die zeitgemäße Antwort auf die Bedarfe der Eltern im 21. Jahrhundert: individuell, flexibel, professionell. Der Bundesverband hilft mit, dieses Erfolgsmodell noch bekannter und attraktiver zu machen, so dass Eltern ihr Wunsch- und Wahlrecht, dass im SGB VIII § 5 verankert ist, zur Betreuung ihrer Kinder wahrnehmen können.

Vielen Dank für das Interview!