Ort: Rötha
Bundesland: Sachsen
Größe: 121 Kinder, 32 Mitarbeitende
Träger: Stadtverwaltung Rötha
Unsere Stärke: Inklusion, Situationsansatz, Partizipation Kinder und Eltern
Das ist die Kita Regenbogenland in Rötha | ©DKJS/J. Erlenmeyer und N. Götz
Können Feuerwanzen schwimmen? Das dürfen die Kinder der Kindertagesstätte Regenbogenland in Rötha, einer Kleinstadt südlich von Leipzig, selbst austesten – solange die Tiere nicht in Gefahr geraten. Konflikte selbst lösen? Auch das wird gefördert: im „Kinderkrisenteam“. Eigeninitiative und Selbstbestimmung sind seit dem Wechsel der Einrichtung zum offenen Konzept in den Vordergrund gerückt. So entscheiden die Kinder selbstständig, ob sie in einen Themenraum, in den Wald oder einkaufen gehen wollen. Die Fachkräfte der inklusiven Kita gehen sensibel auf Schlüsselmomente und das individuelle Entwicklungstempo der Jüngsten ein. Mit Plakaten, Dolmetschenden und einer App ermuntern sie die Familien in ihrer Vielfalt zum Mitgestalten der Kita-Gemeinschaft. So erleben die Kinder von Anfang an, wie bereichernd es ist, verschiedene Hintergründe, Bedürfnisse, Fähigkeiten und Meinungen zu haben.
Das sagt die Jury
Besonders überzeugt hat die Jury, wie das Team den pädagogischen Alltag gestaltet – orientiert an den Interessen der Kinder und Bedürfnissen der Familien. Wichtige Anliegen werden in der gesamten Gemeinschaft besprochen. Auch die Kritischen – auf ein lautes Signal hin kommen dazu zum Beispiel alle in „Kinderkrisenteams“ zusammen. Chancengerechtigkeit wird in der Kita großgeschrieben. Das Team hilft den Familien bei bürokratischen Hürden oder organisiert fehlende Schultüten für Kinder. Bei Bedarf erhalten Kinder auch Therapieangebote wie Logopädie oder Ergotherapie in den Räumen der Kita. Besonders beeindruckt hat die Jury auch die Umstellung auf die offene Arbeit, bei der das Team die Familien schrittweise mitnahm und den Eltern Hospitationen in der Kita anbot. Die Jury zeigte sich fasziniert von der Offenheit im Team, die eigene Arbeit zu reflektieren und gemeinsam neue Lösungen zu finden. Die Kita kann sich dabei der Unterstützung durch ihren Träger gewiss sein. Die Kita versteht sich als aktiver und integraler Teil der Stadt und öffnet sich in den Sozialraum. Es bestehen feste Kooperationen mit anliegenden Einrichtungen, wie zum Beispiel dem Mehrgenerationenhaus oder der Grundschule. Die Jury lobt die enge Begleitung der Kinder beim Übergang in die Grundschule. Mehrmals besuchen die älteren Kinder die Grundschule und lernen dabei Lehrkräfte, Mitschüler*innen und Umgebung kennen.
Um die Qualität der Einrichtung kontinuierlich weiterzuentwickeln, hat das Team eine bemerkenswerte Haltung in Bezug auf Reflexionsstrukturen und Lösungsbereitschaft entwickelt. In einem kontinuierlichen Veränderungsprozess hin zur offenen Arbeit konnte sich die Kita seit 2017 mit viel Energie und intensiver Evaluation weiterentwickeln. Hierbei ist die partizipative Haltung der Leitungen hervorzuheben: Kinder, Familien und die Fachkräfte wurden sensibel und transparent in den Umstellungsprozess einbezogen. Das Team nahm die Familien bei der Umstellung auf die offene Arbeit Schritt für Schritt mit, indem erst ein offener Freitag angeboten und dann die offenen Tage immer mehr ausgeweitet wurden. Zudem wurden die Familien zu Hospitationen im Kita-Alltag eingeladen.
Das Team der Kita Regenbogenland evaluiert die eigene pädagogische Arbeit regelmäßig und systematisch mit Blick auf Verbesserungen, ist wissbegierig und engagiert in Sachen Fort- und Weiterbildungen, aber auch stets interessiert am individuellen Kind und seiner aktuellen Situation. Darüber hinaus achten auch die Fachkräfte auf ihre persönlichen Grenzen und unterstützen und entlasten sich in herausfordernden Situationen gegenseitig.
Die Zusammenarbeit mit Eltern gestaltet das Team äußerst transparent, konstruktiv und vertrauensvoll und ermöglicht Eltern viel Einblick in den Alltag ihrer Kinder, etwa durch Hospitationen der Familien und ein aktives Nutzen der Kita-App. Die Kindertagesstätte unterstützt Familien zudem in herausfordernden Situationen mit dem Ziel der Teilhabe aller Kinder am Kita-Geschehen.
Die Pädagog*innen sind aufmerksam für individuelle und soziale Unterschiede. In Bezug auf Familien, die in Armut leben, waren sie mit dem Caterer im Austausch und erhalten nun statt der süßen Nachspeisen Obst und Gemüse. Damit ist eine gesunde Ernährung, unabhängig vom Einkommen der Familien gewährleistet. Das Team unterstützt Familien auch im Alltag, beispielsweise bei der Suche nach Kinderwagen, der Organisation einer Schultüte oder bei Antragstellungen. Therapieangebote wie Logopädie oder Ergotherapie finden in den Räumen der Kita statt. Zudem schließen sich Pädagog*innen mit heilpädagogischer Zusatz- oder ähnlicher Qualifizierung zu Integrationsteams zusammen und haben so einen ganzheitlichen Blick auf das Kind. Sie legen Förderpläne sowie Ziele fest und nutzen ressourcenorientierte Methoden zur Umsetzung. Sie treffen sich, um über die Aktivitäten und Partizipation von Kindern mit besonderen Bedürfnissen zu sprechen.
Des Weiteren werden bedarfsgerechte Öffnungszeiten angeboten. Die Kinder profitieren so von einer verlässlichen Betreuung, bei der ihre individuellen Bedürfnisse und unterschiedlichen Lebenswelten respektiert werden.
Die Kita Regenbogenland nutzt aktiv eine Kita-App. Mithilfe von Tablets kann jede Fachkraft auf die App zugreifen, spezifische Hinweise mitteilen oder im Kita-Chat schreiben. Ein Teil der Dokumentation wird über die Tablets geführt, sodass jede Fachkraft jederzeit zu jedem Kind auskunftsfähig ist. Im „Forscherraum“ können auch die Kinder täglich Tablets nutzen.
Das ehrliche Interesse der Fachkräfte für die Themen der Kinder und die transparente und familiennahe Gestaltung des pädagogischen Alltags zeichnen diese Einrichtung besonders aus. Insgesamt schafft die Kita ein einladendes und unterstützendes Umfeld, in dem Kinder wertgeschätzt und zur aktiven Mitgestaltung ihres Alltags ermutigt werden. Das Bewusstsein für partizipative Bildungskonzepte wird gestärkt, indem die Einrichtung aktiv demokratische Werte fördert und den Beschwerden der Kinder einen Raum gibt. In der Kita werden ihre Stimmen gehört und Partizipation gelebt. Zudem erfahren sie sowohl in strukturiertem Rahmen als auch im Alltag, dass ihre Äußerungen eine Wirkung haben und sie vielfältige Anregungen für ihre Bildungsprozesse erhalten. Es gibt Kinderkonferenzen sowie ein nach Bedarf einberufenes Kinderkrisenteam: hier werden wichtige Anliegen mit der gesamten Gemeinschaft besprochen und gemeinsam Lösungen gesucht. In den Morgen- und Reflexionskreisen werden Kinder ermutigt, von ihrem Tag zu erzählen oder auch zu sagen, was gut oder nicht gut war. Zusätzlich hängt im Eingangsbereich ein Sorgenfresser, in dem die Anliegen der Kinder gesammelt werden.
Die Pädagog*innen planen Unternehmungen und Projekte eng entlang der Fragen der Kinder bzw. der wahrgenommenen Beobachtungen der Fachkräfte. Das „Dino-Projekt“ wurde beispielsweise auf Grundlage der Beobachtungen von Fachkräften entwickelt. In mehreren Gesprächen ging es um Dinosaurier. Dabei interessierten sich die Kinder vor allem für die Skelette und deren Ausgrabung. Es wurden Dinosaurierknochen aus Salzteig hergestellt, im Sand vergraben und die Kinder konnten Archäolog*innen spielen. Pädagog*innen nutzen zudem unterschiedliche Beobachtungsverfahren und greifen die Interessen, Fragen und Ideen von Kindern aufmerksam auf. So werden auch herausfordernde Themen wie das Thema Tod sensibel und kindnah besprochen.
Die Kita versteht sich als aktiver und integraler Teil der Stadt und öffnet sich in den Sozialraum. Mit der benachbarten Kita gestaltet die Einrichtung gemeinsam Ausflüge. Mit Unterstützung des Fördervereins organisieren sie verschiedene Feste und Aktionen. Es bestehen feste Kooperationen mit anliegenden Einrichtungen, welche von der Kita aktiv geknüpft werden - wie z.B. dem Mehrgenerationenhaus, der Kinderkrippe sowie einer nahegelegenen Kita. Alle Angebote beispielsweise im benachbarten Mehrgenerationenhaus dienen dazu, dass sich Bewohner*innen des Ortes begegnen können. Die Jury überzeugt zudem die hervorragende und enge Begleitung der Kinder beim Übergang in die Grundschule. Mehrmals besuchen die Kitakinder die Grundschule und lernen dabei schon Klassenlehrkräfte, Mitschüler*innen und die Umgebung kennen. Für die Besuche kooperiert das Team auch mit der benachbarten Kita, damit sich die Kinder kennenlernen können, die später gemeinsam die Grundschule besuchen werden.
Es herrscht eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Träger, welcher der Kita notwendige Ressourcen und Freiräume bereitstellt und sich auch über die Grenzen der Kommune hinweg für Belange von Kindern und Familien einsetzt.