Am 16. Juni war es endlich soweit – in einer digitalen Award-Show haben wir die Preisträger des Deutschen Kita-Preises 2020 bekannt gegeben. In der Kategorie „Kita des Jahres“ wurden vier Einrichtungen mit einem zweiten Platz und jeweils 10.000 Euro Preisgeld ausgezeichnet: die Kita Rehefelder Straße aus Dresden (Sachsen), die Kita Güstener Spatzen aus Güsten (Sachsen-Anhalt), die inklusive WABE-Kita aus Lauenburg/Elbe (Schleswig-Holstein) und der Kindergarten St. Franziskus im Kirchtal aus Benningen am Neckar (Baden-Württemberg). Unsere vier zweitplatzierten Kitas arbeiten unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen und engagieren sich ganz individuell für die Kinder vor Ort. Hier stellen wir die vier Einrichtungen noch mal gesammelt vor und zeigen auch, was unsere Jury an ihnen besonders findet.
Kita Rehefelder Straße
Dresden
Das ist die Kita Rehefelder Straße | ©DKJS/ Jakob Erlenmeyer und Nikolaus Götz
Ort: Dresden
Bundesland: Sachsen
Größe: 125 Kinder, 21 Mitarbeitende
Träger: Outlaw Kinder- und Jugendhilfe gGmbH
Die Stärken der Kita: Mitbestimmung von Kindern, Tanz, Theater, Musik und Kooperation mit anderen Einrichtungen
Die Dresdner Kita Rehefelder Straße liegt im Stadtteil Pieschen – einem beliebten und belebten Wohnviertel im Nordwesten der Elbstadt. In der Kita sehen sich die pädagogischen Fachkräfte als Möglichmachende und Schatzsuchende, die sich gemeinsam mit den Kindern auf den Weg machen, die Welt zu entdecken. Zusammen erforschen sie Themen, planen Projekte, recherchieren in der Bibliothek oder im Internet. Im Winter wird auch schon mal die Terrasse geflutet, damit sie zum Eishockeyfeld wird. Oder die Sorge um Plastikabfall im Bauch eines Wals führt dazu, dass Superhelden beim Zuckertütenfest ein Müllmonster bekämpfen. Und wenn das Kita-Team nicht helfen kann, holt es sich einfach Unterstützung, zum Beispiel im nahegelegenen Stadtteilzentrum EMMERS, in dem die Kids dank der Kooperation echt coole Breakdance-Moves lernen.
In der Rehefelder Straße ist auch der Kita-Alltag ein Möglichmacher: Dieser ist nämlich so organisiert, dass die Mädchen und Jungen ihren Bedürfnissen und Interessen nachgehen können. Dabei gilt: So wenig Regeln wie möglich – so viele wie nötig. Die Kinder werden aktiv am Kita-Leben beteiligt, kennen ihre Rechte und besprechen ihnen wichtige Themen in Quasselrunden. Die Tür zum Außengelände steht von früh bis spät, bei Regen und Schnee, offen. Und auch für die Kleinsten in der Krippe gilt: Wenn es gerade interessanter ist, den Bagger zu beobachten, dann kann das Mittagessen auch mal warten.
- In der Kita Rehefelder Straße in Dresden werden die Kinder in ihrer Vielfalt wahr- und ernst genommen. Dies spiegelt sich auch in den Räumen und Angeboten der Kita wider, die von den Kindern selbständig genutzt und aktiv mitgestaltet werden können. Die gelebte Entscheidungsfreiheit und Freiwilligkeit sind zentrale Merkmale der pädagogischen Arbeit in der Kita, die ihnen viele Freiräume eröffnet und auf die individuelle Entwicklung und Begleitung aller Kinder ausgerichtet ist.
- Eine zentrale Orientierung der Kita ist die Vermittlung demokratischer Grundwerte. Die Kinder lernen auf vielfältige und beeindruckende Weise, sich für die Gesellschaft und die Umwelt einzusetzen, und sie erfahren, dass sie mit ihrem Engagement etwas bewegen können.
- Die Kita hat sehr umfassende und kindgerechte Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen und das Team nutzt das Feedback der Kinder konsequent, um seine Arbeit weiterzuentwickeln. So werden die Themen der Kinder beispielsweise in "Quasselrunden" besprochen, aber auch die Eltern werden aktiv in die Gestaltung des Alltags und der Kita eingebunden.
- Die Freude und der Wille, sich selbst und die Kita weiterzuentwickeln, sind bei allen Fachkräften sehr stark ausgeprägt. Sie verstehen sich als Lernende und gestalten gemeinsam als Team einen kontinuierlichen Entwicklungsprozess.
Güstener Spatzen
Güsten
Das ist die Kita Güstener Spatzen | ©DKJS/ Jakob Erlenmeyer und Nikolaus Götz
Ort: Güsten
Bundesland: Sachsen-Anhalt
Größe: 100 Kinder (plus 98 Hort-Grundschulkinder), 24 Mitarbeitende
Träger: Volkssolidarität Kinder-, Jugend- und Familienwerk gGmbH
Die Stärken der Kita: Ort, der zur Begegnung einlädt, Wertschätzung für Kinder und Eltern
Ein lebendiger Ort der Begegnung für Jung und Alt ist die Kita „Güstener Spatzen“. Die Einrichtung liegt inmitten der Kleinstadt Güsten in der Verbandsgemeinde Saale-Wipper, zwischen Magdeburg und Halle in Sachsen-Anhalt. Die offene Arbeit der Kita ermöglicht es den Kindern, selbst zu entscheiden, wo und was sie spielen. Die Fachkräfte unterstützen sie dabei, ihre Meinung zu vertreten, Konflikte selbst auszuhandeln und demokratische Prozesse zu üben. Mit Bewegungs- und Musikangeboten, Krabbelgruppe, Eltern-Sofa, Dolmetschernetzwerk und Patenschaften für Kinder oder Eltern mit Handicap ist die Kita auch außerhalb der Betreuungszeit ein wichtiger Partner der Familien und prägt das positive Miteinander in der Gemeinde. Eine Form, in der die Kita ihre Arbeit transparent macht und ganz nebenbei das Stadtbild verschönert, ist die Gestaltung eines Schaufensters.
Durch die vielseitigen Aktivitäten in und mit der Kita werden Eltern unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft ermutigt, sich als wichtigen Teil der Gemeinschaft zu sehen und sich aktiv für ihre Kinder einzusetzen. Die wiederum bekommen über die Kita einfachen Zugang zu den sozialen und kulturellen Angeboten der Kleinstadt.
- Bei den Güstener Spatzen gestalten Kinder das Leben in der Kita aktiv mit, beispielsweise durch eine aktive und gelebte Beschwerdekultur. Die Anliegen und Entscheidungen der Kinder werden von den Erwachsenen mitgetragen und sie unterstützen die Kinder dabei, ihre Vorhaben zu realisieren. In der pädagogischen Arbeit greifen die Fachkräfte die Themen der Kinder nicht nur vordergründig auf, sondern schauen zugleich „hinter die Interessen“. Dabei setzen sie ein maximales Vertrauen in die Kompetenzen der Kinder und betonen ihre Stärken.
- Die Kita Güstener Spatzen beeindruckte die Jury auch damit, wie konsequent, reflektiert und engagiert die pädagogischen Fachkräfte und die Leitung sich für die Umsetzung der Kinderrechte einsetzen. Dafür entwickeln sie gemeinsam mit den Kindern vielfältige Strategien und Formate und arbeiten beständig daran, dass die Kinderrechte auch in den Familien und im Umfeld der Kita verwirklicht werden, damit sich die Lebensbedingungen der Kinder verbessern.
- Die Einrichtung zeichnet sich durch ein außerordentlich hohes Engagement für Familien sowie eine professionelle Elternarbeit, beispielsweise durch ausgebildete Elternbegleitende, aus. Das Team begegnet den Eltern mit großem Respekt und es gelingt ihm in hohem Maße, diese einzubinden, ressourcenorientiert zu stärken und sie durch niedrigschwellige Angebote zu unterstützen.
- Das Team der Güstener Spatzen zeichnet sich durch hohe Professionalität aus und vertritt einen hohen Anspruch an die eigene Arbeit. Es gibt eine systematische und professionelle Qualitätsentwicklung, die auf regelmäßigen Reflexionen des gesamten Teams beruht, aber auch systematisch und konsequent das Feedback der Kinder und Eltern einholt.
Inklusive WABE-Kita Lauenburg
Lauenburg/Elbe
Das ist die inklusive WABE-Kita Lauenburg | ©DKJS/ Jakob Erlenmeyer und Nikolaus Götz
Ort: Lauenburg/Elbe
Bundesland: Schleswig-Holstein
Größe: 155 Kinder, 39 Mitarbeitende
Träger: WABE e.V.
Die Stärken der Kita: Offene Pädagogik der Achtsamkeit und Kooperationen mit externen Partnern
Ganz im Süden Schleswig-Holsteins, in der Schifferstadt Lauenburg/Elbe, befindet sich die Inklusive WABE-Kita. Hier bilden die drei Werte Zugehörigkeit, Wertschätzung und Mitbestimmung die Grundlage der pädagogischen Arbeit. Den Kindern bleibt viel unverplante Zeit und sie entscheiden selbst, ob sie in der Bastelwerkstatt, im Bewegungsraum, im Kunstraum, in der Holzwerkstatt oder im großzügigen Außengelände mit Wasser- und Matschbereich ihren individuellen Interessen und Wünschen nachgehen. Über die Grenzen der eigenen Einrichtung hinaus pflegt die Kita Kooperationen mit zahlreichen Partnern: In einem Seniorenheim begegnen sich die Generationen, im Schrebergarten können die Kinder die Natur entdecken, und gemeinsam mit der Weingartenschule bildet die Kita ein Kompetenzzentrum für Begabtenförderung. Als zertifiziertes Haus der kleinen Forscher setzen sich die Kinder zudem spielerisch mit wissenschaftlichen Fragen in der Alltagswelt auseinander.
Neben der Beteiligung der Kinder durch eine Kita-Verfassung, einen Kinderrat und Kinderkonferenzen werden auch die Eltern einbezogen und gefördert: Gewählte Elternvertreter unterstützen die Arbeit der Kita und werden durch den Träger zu Fragen des Kinderschutzes fortgebildet. Ihr Wissen geben sie an andere Mütter und Väter weiter und stehen bei Bedarf als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Öffnungs- und flexiblen Betreuungszeiten sind an die Arbeitswelt der Eltern angepasst und runden das Angebot ab.
- Ein wichtiger und sichtbarer Fokus der Inklusiven WABE-Kita in Lauenburg sind die Bedürfnisse der Kinder. Den Kindern wird durch flexible Strukturen ermöglicht, den Tag nach ihren Vorstellungen und Wünschen zu gestalten und sich frei zu entfalten. Zudem ist das Team stets auf der Suche nach geeigneten und bedarfsorientierten Lösungen, um die Kinder individuell zu fördern und zu begleiten, beispielsweise beim Übergang von der Kita in die Schule.
- Auch wenn es darum geht, die Familien und ihre Bedürfnisse in die tägliche Arbeit einzubeziehen, verfügt die Einrichtung über eine hohe Flexibilität. So werden den Eltern erweiterte Öffnungszeiten und individuelle Zeitmodelle selbstverständlich angeboten und Fachkräfte stehen mit ihnen in einem engen Austausch.
- Eine zentrale Orientierung für die Gestaltung der Kita sind die gelebte Beteiligung von Kindern und die Umsetzung von Kinderrechten, die tief in der Konzeption der Einrichtung verankert sind. Beides verbinden die Fachkräfte mit einem umfassenden Inklusionsverständnis. In der WABE-Kita gibt es nicht nur eine Kita-Verfassung, sondern der Kinderrat wird im Alltag aktiv miteinbezogen. Er nimmt beispielsweise auch an einer Baubesprechung für neue Bäder selbstverständlich teil und entscheidet mit, wie sie neugestaltet werden sollen.
- Das Konzept einer ganzheitlichen Bildung, Betreuung und Erziehung und dessen Umsetzung erweisen sich aufgrund der konsequenten und respektvollen Beteiligung von Kindern, Eltern, Fachkräften, Leitung und Träger als herausragendes Beispiel eines kindorientierten, qualitätsorientierten kompetenten Systems. Die Einrichtung ist beispielhaft für eine fest verankerte und ausgeprägte Kultur, in der das gesamte Team die Entwicklungen gemeinsam reflektiert, offen für Veränderung ist und sich durch eine hohe Eigenmotivation und Verantwortung sowohl für das eigene Handeln als auch die gemeinsame pädagogische Praxis auszeichnet.
Kindergarten St. Franziskus im Kirchtal
Benningen am Neckar
Das ist der Kindergarten St. Franziskus im Kirchtal | ©DKJS/ Jakob Erlenmeyer und Nikolaus Götz
Ort: Benningen am Neckar
Bundesland: Baden-Württemberg
Größe: 62 Kinder, 29 Mitarbeitende
Träger: Katholische Kirchengemeinde Marbach
Die Stärken der Kita: Die Interessen der Kinder fördern
Sankt Franziskus ist der Schutzpatron der Tiere. Logisch, dass im Kindergarten St. Franziskus in der Gemeinde Benningen am Neckar auch ein Papagei zuhause ist. Der ist aus Stoff und seinen Wohnort in der Nähe von Stuttgart verdankt er der Initiative der Kita-Kinder. Die haben sich zwar eigentlich ein lebendes Exemplar gewünscht, ihre Recherchen ergaben aber schnell, dass das zu teuer ist. Jetzt begrüßt jeden Morgen ein Handpuppen-Papagei die Kinder. Außer dem sprechenden Vogel gibt es in der Kita auch ein Atelier, eine Werkstatt, ein Rollenspielzimmer, einen Raum zum Forschen und ein Zimmer speziell für die Jüngsten, ein Kinderbüro sowie einen Außenbereich. Die Reggio-Pädagogik inspiriert das Kindergarten-Team, aber vor allem die Kinder: Sie haben schon die Band „Kindergartenpiraten“ gegründet, ihre eigenen Sternenprojekte organisiert, Filmdrehs durchgeführt und Blindschleichen seziert – alles an einem ganz normalen Kita-Tag.
Nicht nur die jungen Besucher lernen in diesem Kindergarten und entdecken die Welt, auch die Mitarbeitenden bilden sich weiter und sammeln Anregungen: Zu diesem Zweck haben sie bereits andere Kitas in Deutschland, in der italienischen Provinz Reggio Emilia sowie in Amsterdam besucht.
- Der Kindergarten St. Franziskus im Kirchtal ist ein beeindruckender Ort, an dem sich Erwachsene und Kinder viel Zeit für das entspannte und freundliche Miteinander nehmen. Das Wohl, die Interessen und die Selbstbestimmung der Kinder stehen hier im Mittelpunkt. Die Fachkräfte gehen mit Ruhe und Geduld auf die Bedürfnisse aller Kinder ein. Die Wünsche, Ideen und Fragen der Kinder werden aufgegriffen und münden in spannenden Forschungs- und Kreativprojekten.
- Die Arbeit des Teams zeichnet sich durch ein großes Vertrauen in die Kinder und eine hohe Achtung vor deren Selbstbestimmungsrechten aus. Zugleich bringen sich die Fachkräfte in die Projekte, die sie gemeinsam mit den Kindern bearbeiten, durch eine Vielfalt an anregenden und kreativen Bildungsimpulsen ein.
- Das Interesse an den Lebenswelten der Familien und deren Einbindung bildeten die Grundlage dafür, die Zusammenarbeit mit den Eltern in den letzten Jahren weiter zu entwickeln. So wurden u.a. eine Kita-Zeitschrift und Reflexionsrunden mit Eltern etabliert, und die Dokumentation der pädagogischen Arbeit ist inzwischen eine ausgewiesene Stärke des Teams.
- Die Einrichtung beeindruckt durch eine starke Einbindung in die Gemeinde und ihr politisches Engagement für die Anliegen von Kindern, Familien und Kitas. Die Kita stößt nicht nur einen Austausch über Qualitätsthemen an, sondern vernetzt sich auch aktiv mit anderen Kitas und Akteuren im Sozialraum. Ihre Ressourcen setzt die Kita sehr zielgerichtet und mit Fokus auf die Kinder ein, sie kommen aber auch dem Sozialraum und anderen Kitas zugute.
Hier finden Sie alle zehn Preisträger aus den beiden Kategorien „Kita des Jahres“ und „Lokales Bündnis für frühe Bildung des Jahres“.